Institutskolloquium SoSe 2016
Institutskolloquium SoSe 2016 - Klang-Kulturen. Vom Hören und Nicht-Hören in den Kulturwissenschaften
Klang-Kulturen sind allgegenwärtig. Die alltägliche Umwelt, das alltägliche Leben ist durch den bewussten wie unbewussten Einsatz von Klängen geformt und gestaltet. Klänge nehmen Einfluss auf Tagesabläufe, ihnen werden Funktionen zugeschrieben, sie strukturieren und ordnen, gleichzeitig können sie ungewohnt sein und als Störfaktoren in Erscheinung treten. Klänge werden sinnlich wahrgenommen, sie werden bewertet, verschmäht oder genossen, sie fallen auf oder werden unbewusst wahrgenommen.
Spätestens seit der kanadische Musikwissenschaftler und Klangökologe Murray R. Schafer in den 1970er Jahren den Begriff der Soundscape geprägt und damit eine Hinwendung zur klanglichen Dimension der Umwelt eingefordert hat, ist Klang als Gegenstand kulturwissenschaftlicher Forschungen nicht mehr wegzudenken. Vor allem in ethnografischen Studien sind die Klänge in ihrer Sensualität und Zeichenhaftigkeit in den Fokus gerückt. Wie wird Klang in verschiedenen Situationen wahrgenommen, wie werden Klänge in diesen Situationen bedeutsam?
Auch die historische Klangforschung hat sich etabliert und macht sich die sinnliche Wahrnehmung und Deutung eines vergangenen Alltags zum Gegenstand (vgl. etwa Alain Corbin: Die Sprache der Glocken, 1995). Historische Klangforschung stellt eine methodische Herausforderung dar. Wie lässt sich etwas Flüchtiges wie Klang rekonstruieren? Wie lassen sich subjektives Hörempfinden, Höreindrücke und Bewertungen des Gehörten historisch ethnografisch erforschen?
Die kulturwissenschaftliche Erforschung der Sinne und die Forschung mit den Sinnen führten zu der Formierung der Sensory Studies und, auf die Klangforschung bezogen, der Sound Studies. Klänge werden dabei inhaltlich und methodisch in die Forschungen verschiedener Disziplinen einbezogen und erschließen Themen auf neue Weisen, wodurch andere analytische Deutungen und Forschungsperspektiven möglich werden.
Das Institutskolloquium wird sich dem Thema Klang gemeinsam mit den Gästen aus unterschiedlichen Perspektiven nähern: Es wird sich beispielsweise mit räumlich-baulichen Strukturen in Bezug auf die Klangforschung befassen, mit Sound Design als einem gestalterischem Bezug zu Klängen, mit Klängen als epistemischen Objekten, den Eigenarten und (Be-)Deutungen von Klängen und dem Hören und Nicht-Hören in den Kulturwissenschaften.
Das Institutskolloquium, unter der Leitung von Anna Symanczyk und Sabine Kienitz, beginnt am Beginn 06. April 2016 um 18:00 Uhr. Eine Übersicht finden Sie hier (PDF).
Aufnahmen: Anna Stoffregen, Anna Symanczyk und Sebastian Topp
Einführende Literatur:
Bonz, Jochen: Alltagsklänge – Einsätze einer Kulturanthropologie des Hörens. Heidelberg 2015
Pinch, Trevor / Bijsterveld, Karin (Hg.): The Oxford Handbook of Sound Studies. Oxford, New York 2012.
Schulze, Holger (Hg.): Sound Studies. Traditionen - Methoden – Desiderate. Eine Einführung. Bielefeld 2008.
Sterne, Jonathan: The Sound Studies Reader. London, New York 2012.