Joris van Gastel
Kunstgeschichtliches Seminar
Edmund-Siemers-Allee 1
20146 Hamburg
Raum: 116 (Hauptgebäude)
Telefon: +49 40 42838 8135
E-Mail: joris.gastel@uni-hamburg.de(joris.gastel"AT"uni-hamburg.de")
Projekt
„In Neapel liebt man nichts als Albernheiten und Gold“ – Gian Lorenzo Berninis negatives Urteil über seine Geburtsstadt ist symptomatisch für kritische Haltungen gegenüber der süditalienischen Metropole. Auch wenn sie häufig als Barockstadt par excellence beschrieben worden ist, wird das Neapolitaner Barock selten mehr als mit einer Fußnote gewürdigt – gleichsam als sei es nur zweitrangiges Derivat der künstlerischen Errungenschaften Roms. Ziel dieses Projektes ist es daher, die Bedeutung der Neapolitaner Barockkunst zu würdigen, indem diese nicht als minderwertiger Abkömmling des römischen Barocks begriffen wird, sondern als gezielte Formulierung künstlerischer Alternativen. Dazu soll just diejenige Eigenart Neapolitaner Kunst stark gemacht werden, welche häufig den Anstoß ihrer Abwertung bildete: der materielle Reichtum seiner kulturellen Produktion. Um zu einer anderen Einschätzung dieses regionalen Spezifikums zu gelangen, stellt das Projekt drei „Säulen“ tradierter Kunsthistoriographie infrage: die Vorstellung vom individuellen Künstler-Genie, die ästhetische Isolierung des Kunstwerks und die Kanonisierung der Kunstliteratur. Dies ermöglicht die Neapolitaner Barockkunst als von einer kollektiven Zusammenarbeit charakterisiert zu begreifen, die auf einem Diskurs fußte, der sich in grundlegender Weise mit Materialien beschäftigte, nämlich auf demjenigen der Naturforschung. Dieser funktionale Zusammenhang von Kunst und Wissenschaft kommt dabei in doppelter Hinsicht zum Tragen: Einerseits verdeutlichen wissenschaftliche Diskussionen über Steine, Edelmetalle, organische Materialien usw. – die häufig das ganze Spektrum von der Morphologie von Steinen bis hin zu deren medizinischen Wirkungen abdeckten –, dass Materialien weder frei von semantischen Konnotationen noch lediglich passive Empfänger derjenigen Formen waren, die ihnen von ihren Bearbeitern zugefügt wurden. Andererseits partizipierten Künstler und Handwerker aktiv an derartigen Debatten, insofern ihr im unmittelbaren Umgang mit dem Material erworbenes Wissen eine bedeutende Ergänzung wissenschaftlicher Experimente beisteuerte.
Vita
Studium der Psychologie und der Kunstgeschichte an der VU Universität Amsterdam sowie an der Università Ca’Foscari in Venedig. 2006–2011 tätig in dem interdisziplinären Forschungsprojekt „Art, Agency and Living Presence in Early Modern Italy“ an der Universität Leiden. Im Kontext dieser Forschungsarbeit entstand die Dissertation zum Thema „Il Marmo Spirante: Sculpture and Experience in Seventeenth-Century Rome“. Neben kürzeren Aufenthalten in Florenz, Rom, Ferrara und Berlin, desweiteren Stipendiat der Kolleg-Forschergruppe Bildakt und Verkörperung und Research Fellow and der University of Warwick. Seit Januar 2014 Wissenschaftlicher Mitarbeiter in die Forschungsstelle Naturbilder an die Universität Hamburg.
Ausgewählte Publikationen zum Forschungsprojekt
Paragone als Mitstreit, Hg. mit Jannis Hadjinicolaou und Markus Rath, Berlin 2013.
„Geology and Imagery in the Kingdom of Naples. A Letter on the Origins of Alabaster (1696)“, in: Kritische Berichte 40/3, 2012, 64–77.
„Celano’s Naples. Itineraries through a Material City“, in: Incontri. Rivista europea di studi italiani 1, 2014, im Escheinen.