Geschichte des Faches
Aegyptiaca in Hamburg
Objekte der altägyptischen Kultur haben bereits zu Beginn dieses Jahrhunderts ihren Weg nach Hamburg gefunden. Das Hamburger Museum für Völkerkunde wurde durch Schenkungen der Deutschen Morgenländischen Gesellschaft mit Funden aus Ägypten bedacht und bildete dadurch die eigentliche Keimzelle der Ägyptologie in Hamburg, einige Jahre vor Gründung der Universität. Die wissenschaftliche Betreuung der altägyptischen Objekte erfolgte damals noch von Berlin aus durch den Ägyptologen Georg Möller.
Die Gründungsjahre
Das wissenschaftliche Fach Ägyptologie wurde an der Hamburger Universität erst ein halbes Jahrhundert später begründet. Dies geschah durch Bertold Spuler, der seit den 40er Jahren den Lehrstuhl für Islamkunde am Seminar für Geschichte und Kultur des Vorderen Orients inne hatte. Auf seine Initiative hin erfolgte im Jahre 1950 die Umhabilitierung des Göttinger Privatdozenten Eberhard Otto nach Hamburg und dessen Einweisung in eine außerplanmäßige Professur.
1955
Nachdem im Jahre 1955 Eberhard Otto einem Ruf auf den Lehrstuhl für Ägyptologie an der Universität Heidelberg gefolgt war, war es fraglich, ob die freigewordene Professur wieder von einem Ägyptologen besetzt werden konnte. Erneut ermöglichte Bertold Spuler die Erhaltung des Faches in Hamburg. Auf sein Betreiben hin habilitierte sich im Jahre 1956 der damalige Privatdozent Wolfgang Helck von Göttingen nach Hamburg um, wodurch, wie bereits bei Eberhard Otto, die Voraussetzungen für seine Einweisung in eine außerplanmäßige Professur am Seminar für Geschichte und Kultur des Vorderen Orients geschaffen wurden. In den Jahren danach erfolgte die Konsolidierung des Faches, die schließlich im Jahre 1963 mit der Einrichtung eines Ordinariats zu ihrem Abschluß kam. Das neu geschaffene Ordinariat für Ägyptologie und Alter Orient wurde als eine von drei Abteilungen mit dem Seminar für Geschichte und Kultur des Vorderen Orients räumlich und strukturell verbunden.
1963
Nach der Einrichtung des Ordinariats für Ägyptologie und Alter Orient verfügte die Hamburger Ägyptologie über drei Stellen: Über die Stelle eines ordentlichen Professors, die Wolfgang Helck von 1963 bis 1979 inne hatte, über die Stelle eines Wiss. Assistenten, die von 1964 bis 1969 mit Hartwig Altenmüller aus München besetzt war, und über die Stelle einer Halbtagssekretärin.
1970
Hartwig Altenmüller kehrte im Anschluß an eine Anstellung am Deutschen Archäologischen Institut in Kairo (1969-1970) im Jahre 1970 nach Hamburg zurück und wurde nach seiner Habilitation in die Stelle eines Wissenschaftlichen Rats und Professors und von dort im Jahre 1971 in eine Professur eingewiesen. Als Ersatz für die dafür geopferte Hochschulassistentur wurde die Stelle eines Wissenschaftlichen Mitarbeiters neu geschaffen und diese zunächst mit Lothar Störk (1971-1975), danach mit Bettina Schmitz (1975-1977) und schließlich mit Dieter Kessler (1977-1979) besetzt. Die volle Stelle wurde im Jahre 1978 auf eine halbe Stelle gekürzt und danach von Silvia Wiebach (1980-1982), Hans-Werner Fischer-Elfert (1982-1985) und zuletzt mit Bernd Scheel (1985-1988) besetzt. Nach Ausscheiden von Bernd Scheel im Jahre 1988 wurde die Stelle ersatzlos gestrichen.
1975
Die Abteilung "Ägyptologie und Alter Orient" mit den von Wolfgang Helck vertretenen beiden Fächern Ägyptologie und Keilschriftkunde wurden im Jahre 1975 aus dem Seminar für Geschichte und Kultur des Vorderen Orients ausgegliedert und in das neu gegründete Archäologische Institut der Universität überführt.
1979
Nach der Emeritierung von Wolfgang Helck im Jahre 1979 trat Hartwig Altenmüller dessen Nachfolge an. Auf die dadurch frei gewordene Professur wurde Dieter Kurth berufen (1981). Obwohl Emeritus, war Wolfgang Helck weiterhin eng mit dem Seminar verbunden, wo er das alle Bereiche der Ägyptologie erfassende "Lexikon der Ägyptologie" zusammen mit seinem Göttinger Kollegen Wolfhart Westendorf bis zu seinem Abschluß im Jahre 1992 betreute.
Forschungsprojekte
Am Institut sind mehrere Forschungsprojekte angesiedelt, für die die Deutsche Forschungsgemeinschaft nicht geringe Mittel zur Verfügung stellte. Unter diesen Projekten befinden sich archäologische Projekte, die sich mit der Aufnahme von Grabanlagen des Alten und Neuen Reiches in Ägypten (3. und 2. Jahrtausend v. Chr.) befassen (Hartwig Altenmüller), sowie ein mittlerweile von der Akademie der Wissenschaften zu Göttingen getragenes, großes philologisches Projekt, das die Bearbeitung der in Edfu an einem Tempel der Ptolemäerzeit aufgezeichneten Texte zum Ziel hat (Dieter Kurth). Ein interdisziplinäres Forschungsprojekt gilt der Untersuchung der menschlichen Mumien in den ägyptologischen Museen von Berlin, Hannover und Leipzig (Renate Germer).
Situation der Ägyptologie in Hamburg
Die kurz aufeinander folgenden Emeritierungen von Hartwig Altenmüller (2003) und Dieter Kurth (2007) wurden seit 2004 von der Universität Hamburg zum Anlaß genommen, das Fach Ägyptologie schließen zu wollen. Im März 2005 lehnt der Akademische Senat die Beschlussempfehlung des Fachbereichrates Kulturgeschichte und Kulturkunde, daß der Studiengang nicht mehr fortgeführt werden könne, ab. Im Mai 2005 bestätigt der Universitätspräsident Jürgen Lüthje den Beschluss des Akademischen Senats, verfügt jedoch, künftig keine Studienanfänger mehr zuzulassen. Mehrere Anträge auf Fortführung des Faches und Reintegrierung in den Struktur- und Entwicklungsplan werden auch nach dem Ausscheiden von Jürgen Lüthje aus dem Präsidium und der Installation von Monika Auweter-Kurtz als Nachfolgerin nicht angenommen.
Der Lehrbetrieb wird derzeit aufrechterhalten von Dieter Kurth, Wolfgang Waitkus und Lothar Störk sowie den Lehrbeauftragten Jan-Peter Graeff, Martin von Falck, Susanne Martinssen–von Falck, Ute Effland, Andreas Effland, Hella Küllmer und Ruth Brech.