Neuerscheinung: Theodor W. Adorno – Rudolf Kolisch: Briefe und Briefwechsel 1926–1969, hrsg. von Claudia Maurer Zenck
23. Juni 2023, von Webmaster

Foto: Suhrkamp
Der 21-jährige Dr. Theodor Wiesengrund zog im März 1925 für einige Monate nach Wien, um seine kompositorische Ausbildung bei Alban Berg fortzusetzen. Dieser machte ihn mit dem Wiener Streichquartett und seinem 28-jährigen Primarius Rudolf Kolisch bekannt, einem der wichtigsten Interpreten der Neuen Musik der Schönberg-Schule. Sie war der gemeinsame Nenner für Adorno und Kolisch, die sehr schnell Freunde wurden; um sie drehte sich ihre briefliche Diskussion vor allem: um Komposition, Analyse, Reproduktion und ihre Theorie, die sie gemeinsam schreiben wollten, und sie führte später auch zur Zusammenarbeit bei den Darmstädter Ferienkursen für Neue Musik. Adorno war sich der Bedeutung des Geigers und der von ihm verkörperten Aufführungspraxis der Wiener Schule bewusst. Daher setzte er in den 1950er Jahren alle Hebel in Bewegung, den Freund nach Europa zurückzuholen, um die durch das „Dritte Reich“ und den Krieg abgebrochene Aufführungstradition fortzusetzen.
Diese Korrespondenz liegt jetzt als Erstausgabe vor. Sie ist um einige Briefe aus dem Kontext und eine Anzahl i. A. unveröffentlichter Schriften und Dokumente erweitert, auf die in der Korrespondenz entweder direkt Bezug genommen wird oder die die Diskussion beider ergänzen. Sie bieten einen Einblick in eine Beziehung, die für die Geschichte und die Aufführungstheorie der Neuen Musik des 20. Jahrhunderts in mehrfacher Hinsicht von einzigartiger Bedeutung ist.
„Allein über die Probleme, die die ‚Philosophie der neuen Musik‘ aufwirft, wünschte ich unbeschränkt mit Dir sprechen zu können. Wenn ich auch, trotz heissem Bemühn, nicht Alles verstehn konnte (einzelne Formulierungen nämlich), habe ich doch ein deutliches Bild des Ganzen. Es etabliert Dich als den unbestreitbar bedeutendsten Musikästhetiker unserer Tage.“ (Kolisch an Adorno, 1951)
„...daß Deine Art, Kammermusik und überhaupt Musik darzustellen, das fortgeschrittenste musikalische Bewußtsein nicht nur repräsentiert, sondern daß sie es auch in einem Maße realisiert, das man nicht für möglich gehalten hätte“ (Adorno über Kolisch, 1956)
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