Frank Fehrenbach Stilleben
Frank Fehrenbach, Sommersemester 2014
56-622 Stilleben
2st. Hauptseminar
Mo 18.00-20.00, ESA W, Rm 119, max. 25 TN
Gemälde, die Früchte, Blumen, Tiere oder „tote“ Gegenstände zum Thema haben, gab es schon in der Antike, aber erst um 1600 begann die Karriere eines Genres, das dreihundert Jahre später zum wichtigen Katalysator der Moderne wurde und bis heute eine erstaunliche Beharrungskraft aufweist (während beispielsweise die Historiendarstellung weitgehend verschwunden ist). Das Seminar zeichnet seine neuzeitliche Geschichte nach, von den Vorläufern in der altniederländischen Malerei und den unselbständige Formen des „Beiwerks“ über die Hochblüte der Gattung im 17. und frühen 18. Jahrhundert bis zu seinen Transformationen um 1900. Traditionell werden Stilleben im Spannungsfeld von Naturnachahmung und moralischer Botschaft gelesen, die es zu entschlüsseln gilt. Jenseits der Gegenüberstellung von Imitation und „disguised symbolism“ wird es uns aber vor allem um die spezifische Bildform gehen, also um Zeitlichkeit und das Spiel mit Lebendigkeit (bzw. ihrem Gegenteil), aber auch um dasjenige, was Karin Leonhard jüngst als Analogie zwischen Bildgrund und fruchtbarem Erdboden beschrieb. Welche Rezeptionshaltung schlagen Stilleben vor, und wie ließe sich die Interaktion der aufgerufenen Sinne beschreiben? Welche Zeitmodi dominieren? Inwiefern enthält die Bezeichnung „nature morte“ mindestens ein grundlegendes Missverständnis? Wir werden uns die Chance nicht entgehen lassen, die nahsichtige Darstellung von Pflanzen, Tieren und „toten“ Gegenständen mit naturphilosophischen Texten zu konfrontieren, ohne dabei die geduldige und akribische Anschauung zu vernachlässigen.
Bemerkung: Die Teilnehmerzahl ist wegen der Betrachtung von Originalen in Hamburg und Berlin auf 25 beschränkt. Bei einer höheren Zahl von Interessierten entscheidet das Los. Neben einem Referat oder einer Bildpräsentation wird von allen Teilnehmern erwartet, jede Sitzung durch die empfohlene Lektüre (ein Aufsatz oder ein Buchkapitel) und durch die genaue Betrachtung von einem oder zwei online zur Verfügung gestellten Gemälden vorzubereiten. Der obligatorische Zeitaufwand hierfür beträgt ca. zwei Stunden pro Woche.
Studierende, die Interesse an der Präsentation eines Referatthemas haben, werden gebeten, sich schon vor Semesterbeginn mit mir per email in Verbindung zu setzen.
Mögliche Themen (Stichworte):
1) Vorgeschichte der Stillebenmalerei (Xenia, Marginalien, Rückseiten, Intarsien etc.)
2) Viktualien (Markt- und Tischszenen)
3) Naturkunde
4) Blumen- und Früchtestilleben
5) Vanitas und Prunk: Symbolebenen
6) Spanien: Bodegones
7) Trompe l’oeil
8) Tiere und Jagdstilleben
9) „Stilleben im Freien“: Von Dürer zu den „Sottoboschi“
10) Chardin
11) Cézanne
Einführende Literatur:
- Norbert Bryson, Stilleben. Das Übersehene in der Malerei, München 2003.
- Sybille Ebert-Schifferer, Die Geschichte des Stillebens, München 1998.
- Karin Leonhard, Bildfelder. Stilleben und Naturstücke des 17. Jahrhunderts, Berlin 2013.