Hanna Wimmer Denkmuster
Hanna Wimmer, Sommersemester 2014
56-634 Denkmuster - Blickmuster - Bildmuster. Schemabilder und Bildsysteme im Mittelalter
2st. Seminar
Fr 12.00-14.00, ESA W, Rm 119
Ein Bild steht im Mittelalter selten allein. Buchdeckel und Kirchenportale, Glasfenster und Altarretabel präsentieren komplexe Gefüge aus einzelnen Figuren, Bild- und Schriftfeldern. Diese Gefüge sind mehr als die Summe ihrer Teile: die Beziehungen ihrer einzelnen Elemente zueinander, die vom Betrachter sukzessive erschlossen werden müssen, ebenso wie ihre meist symmetrisch oder geometrisch aufgebaute Gesamtstruktur, bilden eine visuelle Matrix, die für Rezeption und Deutung von wesentlicher Bedeutung ist. Als Matrix ist diese nicht auf die gleiche Weise bildhaft wie ihre Einzelelemente, sondern kann als schematisch oder diagrammatisch bezeichnet werden.
Mittelalterliche Gelehrte beschäftigten sich immer wieder damit, was diagrammatische Strukturen (schemata, figurae) ausmacht, was sie darstellen und was sie leisten können, häufig im Zusammenhang mit Fragen nach den Möglichkeiten und Grenzen menschlicher Wahrnehmung und Erkenntnis. In jüngster Zeit sind ganz ähnliche Fragen von Forschern wieder aufgegriffen worden, die sich Diagrammen und diagrammatischen Bildstrukturen aus kunsthistorischer und medienwissenschaftlicher Perspektive nähern.
Im Seminar werden wir uns durch die Lektüre mittelalterlicher Quellen und neuer Forschungsliteratur mit historischen und zeitgenössischen Theorien zum „Diagrammatischen“ beschäftigen. An Fallstudien werden wir diese dann als mögliche Ansätze zur Deutung mittelalterlicher Schemabilder und vielteiliger Bildsysteme erproben.
Voraussetzung für die Teilnahme ist neben regelmäßiger und aktiver Teilnahme am Seminar die Bereitschaft, Quellentexte und wissenschaftliche Aufsätze zur Vorbereitung zu lesen. Lateinkenntnisse sind nützlich, aber nicht notwendig, Englischkenntnisse dagegen unbedingt.
Leistungen: 2 LP kann erwerben, wer ein Protokoll schreibt, eine Diskussion leitet o.ä., 4 LP, wer ein Referat hält und 6 LP, wer zusätzlich eine Hausarbeit schreibt.
Einführende Literatur:
- Steffen Bogen & Felix Thürlemann: „Jenseits der Opposition von Text und Bild. Überlegungen zu einer Theorie des Diagramms und des Diagrammatischen“, in: Alexander Patschovsky (Hg.): Die Bildwelt der Diagramme Joachims von Fiore. Zur Medialität religiös-wissenschaftlicher Programme im Mittelalter, Ostfildern 2003, S. 1-22.