Antike Häfen - Effizienz und Konkurrenz (abgeschlossen)
Bild: Konrad Miller 1887; Tabula Peutingeriana
Funktionale Beschaffenheit von italischen Hafenstädten und ihren Anlagen in der mittleren römischen Kaiserzeit
Im Jahr 114 besuchte Plinius der Jüngere Kaiser Traian in dessen neuer Villa an der tyrrhenischen Küste. Der Kaiser ließ dort einen aufwändigen Bau zusammen mit einem Hafen errichten, der an Größe und Struktur die bisherigen Anlagen an diesem Küstenabschnitt in den Schatten stellen sollte. Das Bild, welches sich dem Schriftsteller bot, hinterließ einen solch starken Eindruck, dass er später begeistert an seinen Freund Cornelius schrieb:
"Das Haus ist wahrlich schön: Es ist umgeben von grünen Feldern mit Blick auf die Küste, wo eine natürliche Bucht mit aller Geschwindigkeit in einen Hafen verwandelt wird. Der linke Arm wurde bereits durch eine feste Mole ersetzt, der rechte befindet sich noch im Bau. Am Eingang des Hafens erhebt sich eine Insel aus dem Wasser und dient als Wellenbrecher, wenn der Wind landeinwärts weht und gibt so den Schiffen eine sichere Einfahrt von jeder Seite. Sein Bau ist es wert gesehen zu werden. Gewaltige Steine werden in großen Kähnen herbeigebracht und aufeinander geworfen um den Hafen zu bilden; ihr Gewicht hält sie in Position und die Menge erhebt sich in einer Art Wall. Ein Hügel kann man bereits hochstehen sehen, der gegen ihn schlagenden Wellen bricht und sie mit großem Getöse in die Luft wirft, so dass die See um ihn herum weiß vor Gischt ist. Später sollen noch Anleger auf den Steinfundamenten errichtet werden und mit der Zeit wird es aussehen wie eine natürliche Insel. Der Hafen wird nach seinem Erbauer benannt werden und ist auch bereits unter seinem Namen bekannt; und er wird unzählige Leben retten und ein Zufluchtsort gewährleisten an diesem langen Abschnitt der hafenlosen Küste." Plin.epist.6.31.15-17
Bild: Julia Daum
Vor dem Bau dieses kaiserlichen Hafens existierten an der tyrrhenischen Küste fast ausnahmslos ehemalige etruskische Häfen, die als coloniae maritimae die Westküste Italiens schützen sollten. Die Häfen verteilen sich in relativ gleichmäßigen Abständen auf den Küstenabschnitt zwischen Populonia im Norden und Neapolis im Süden (z.B. Telamon, Cosa, Graviscae, Centumcellae, Pyrgi, Antium, Circeo, Terracina, Gaeta, Sinuessa). Auffällig ist ihr Fehlen auf der Ostseite der italischen Halbinsel, also im Gebiet zwischen Ancona im Norden und Bari im Süden.
Bild: Julia Daum
Ausgehend von diesem Befund und gestützt auf schriftliche und archäologische Zeugnisse konzentriert sich das Projekt auf die kaiserzeitlichen Häfen der italischen Westküste und untersucht den Verkehrsraum Hafen mit seinen baulichen Anlagen und der hiermit verbundenen urbanen Infrastruktur. Im Mittelpunkt stehen die zur Regierungszeit von Kaiser Traian geförderten und finanzierten Häfen mit ihren Architekturen in ihrer Funktion und wirtschaftlichen Bedeutung für den regionalen und überregionalen Handel. Besondere Berücksichtigung finden hierbei Topographie und naturräumliche Gunstfaktoren für die Anlage von zivilen Häfen. Beantwortet werden soll, welche Personen oder Personengruppen außer dem Kaiser den Hafenbau vorantrieben, und aus welchen Gründen gerade unter Traian bestimmte Häfen ausgebaut wurden, deren wirtschaftlicher Nutzen sich bislang unserer Kenntnis entzieht. Wünschenswert wäre zu klären, welche Hafenstädte im regionalen Küstenhandel aktiv waren, wie in den möglicherweise miteinander konkurrierenden Hafenstädten auf den jeweiligen Ausbau in der näheren Region reagiert wurde bzw. ob sich Baumaßnahmen erkennen lassen, mit denen die Städte versuchten, den eigenen Standort attraktiver oder wirtschaftlicher zu gestalten. Herausgearbeitet werden sollen mögliche baupolitische Strategien und ihre Initiatoren.
Kooperationspartner: DFG-SPP 1630 Häfen von der Römischen Kaiserzeit bis ins Mittelalter
- Dauer: 2012–2015
- Projektleitung: Univ.-Prof. Dr. Martina Seifert
- Drittmittelgeber: Deutsche Forschungsgemeinschaft