Geophysikalische Prospektion: Myndos/Türkei (abgeschlossen)
Bild: Mustafa Şahin 2011
Myndos: Untersuchungen zu Topographie und Städtebau
Kooperationsprojekt der Universitäten Hamburg und Bursa
Lage und historische Einordnung
Das antike Myndos (heute: Gümüşlük, Distrikt Muğla) liegt an einer geschützten Hafenbucht in der Region Bodrum an der kleinasiatischen S/W-Küste und zählt zu den sechs, im Zuge des Synoikismos unter Maussollos von Halikarnassos neugegründeten Stadtanlagen spätklassischer Zeit. Spätestens im 4. Jh. v. Chr. wurde die ursprünglich lelegische Siedlung aufgegeben. Die frühsten bekannten Siedlungspuren im Stadtgebiet weisen bis in die Bronzezeit zurück.
Die moderne Bebauung von Gümüşlük bedeckt momentan schätzungsweise mehr als ein Drittel der antiken Siedlungsfläche. Die obertägig sichtbaren archäologischen Zeugnisse auf den derzeit unbebauten Arealen datieren überwiegend in römische und byzantinische Zeit. Rezente landwirtschaftliche Nutzung und private Grundeigentumsverhältnisse schränken eine flächendeckende invasive wissenschaftliche Untersuchung des Geländes ein.
Bisherige Forschungen
In der Antike begrenzte das Stadtgebiet von Myndos eine Mauer, deren ursprünglicher Verlauf heute noch durch Überreste auf der Aşar Halbinsel und am Randgebiet des Ortes Gümüşlük sichtbar ist. Die seit 2005 andauernden Geländearbeiten unter der Leitung von Mustafa Şahin von der Universität Bursa konzentrierten sich auf Suchschnitte auf der Aşar Halbinsel, auf Sondagen im anschließenden Gebiet der nördlichen Hafenbucht sowie auf einer Geländeterrasse oberhalb der Bucht von Gümüşlük. Kontinuierliche Ausgrabungen erfolgen jährlich auf der dem Siedlungsgebiet gegenüber liegenden Tavşan Adası.
Fragestellung und erste Ergebnisse der Kampagnen 2011 bis 2013
Auf Einladung von Mustafa Şahin nahm in den Jahren 2011, 2012 und 2013 ein fünfköpfiges Team des Archäologischen Instituts der Universität Hamburg an den Kampagnen in Myndos teil. 2010 war dem Vorhaben eine Geländebegehung zusammen mit dem Geologen Bernt Schröder von der Universität Bochum vorausgegangen.
Die Arbeitsaufgabe des türkisch-deutschen Vorhabens besteht in der topographischen Geländeaufnahme und Klärung der städtebaulichen Situation der antiken Hafenstadt und ihrer unmittelbaren Umgebung.
In der Kampagne 2011 wurde die geophysikalische Prospektion von mehreren Flächen (insgesamt 4500 m2) auf der festländischen Seite des Siedlungsgebiets von Myndos und einer Fläche auf der Tavşan Adası (insgesamt 300 m2) durchgeführt. Hierzu kam ein Geoscan Research Fluxgate Gradiometer FM256 der Universität Hamburg zum Einsatz; die Vermessungsarbeiten erfolgten unter Verwendung einer Leica TCR 407. Das Ziel dieser Voruntersuchungen bestand in der Erprobung der Aussagefähigkeit und Effizienz der eingesetzten Methodik unter den örtlichen Bedingungen.
2012 wurden die Vermessungsarbeiten und Prospektionen auf zwei Flächen am Kocadağ fortgeführt. Das Magnetikbild vom Kocadağ zeigt antike wie rezente Wegeführungen, außerdem Teile eines Gebäudegrundrisses (evtl. Poseidontempel?). Auf der Landzunge an der Hafenbucht wurde ein kleiner Turm bzw. ein Kalkbrennofen? sichtbar.
2013 konzentrierten sich die Geländeaufnahmen auf mehrere Flächen im südlichen Abschnitt des Kocadağ und auf ein Areal auf der festländischen Seite unterhalb der sog. Akropolis. Die 2013 gemessene Fläche am Kocadağ befindet sich auf dem unteren, zur Hafenbucht nach Norden hin weisenden Plateau und schließt an die sog. Lelegische Stadtmauer an. Die Fläche lässt im Magnetogramm klare Ausschläge erkennen, die sich zu einem mehrräumigen Gebäude von 17 x14 m ergänzen lassen. Links daneben ist der weitere Verlauf der Stadtmauer zu erkennen.
Auf der festländischen Seite von Myndos erstreckt sich unterhalb der sog. Akropolis ein flach terrassiertes Gelände, das bis vor kurzem landwirtschaftlich genutzt wurde. Im oberen Teil der Fläche Festland III befindet sich ein Strommast, etwas weiter unterhalb im Süden liegen die Überreste eines kleinen Bauernhauses. Die ehemaligen Feldbegrenzungen wurden aus behauenen Steinen errichtet, zum Teil findet sich verstürztes Baumaterial (rezent und/oder antik) in den Flächen. Die Interpretation des Befundes erlaubt eine Rekonstruktion mit einem Stadtmauerdurchgang flankiert von zwei Rundtürmen. An die Stadtmauer anschließend befinden sich Teile weiterer Gebäude. An dieser Stelle befand sich offenbar eines der Stadttore von Myndos.
Mit dem 3-D-Laserscanner erfolgten 2013 Testmessungen an der Stadtmauer auf dem Kocadağ und im sog. Mosaikhaus durch.
2014 ist eine Fortführung der Vermessungs- und Prospektionskampagne zur Erfassung der Topographie und städtebaulichen Struktur von Myndos geplant, die den weiteren Grundstock für eine topographische Karte des antiken Stadtgebietes legen soll.
Ergebniszusammenfassung Geomagnetik als PDF.
Kooperationspartner
Universität Hamburg: Frank Andraschko, Nikola Babucic, Jacobus Bracker (seit 2013), Niels Herzinger (2011), Thomas Fuchs, Lilian Schönheit (seit 2012), Martina Seifert (Leitung Teilprojekt)
Universität Bursa: Mustafa Şahin (Ausgrabungsleiter Myndos)
Publikationen
M. Sahin – M. Seifert, Myndos, eine Hafenstadt an der karischen Westküste, AW 6/2014, 46-56.
- Dauer: 2011–2014
- Projektleitung: Univ.-Prof. Dr. Martina Seifert
- Drittmittelgeber: Universität Hamburg; Hamburger Vorgeschichtsverein; private Sponsoren.